Tsotsi 2005
Überblick: In einem Ghetto am Rand von Johannesburg lebt der 19-jährige “Tsotsi” (Ghettoslang für “Dieb”, “Gangster”) in den Tag hinein. Ohne Zukunft und ohne Vergangenheit. Denn der Chef einer kleinen Posse von Gangstern hat alle Erinnerungen an seine Jugend verdrängt und sich völlig dem verbrecherischen Hier und Jetzt verschrieben. Eines abends sieht er sich auf drastische Art mit den Folgen seiner Gewalttätigkeit konfrontiert: Als er bei einem Autodiebstahl eine junge Frau tötet, bleibt deren Neugeborenes auf dem Rücksitz zurück. Etwas in ihm sperrt sich dagegen, dieses Problem auf die übliche Weise aus der Welt zu schaffen. Er nimmt sich des Kindes an und es folgt eine atemraubende Story, voller Adrenalin erzählt zu den stampfenden Sounds des Kwaito, der Musik der Ghettokids von Johannesburg. Am Ende stehen ein flammendes Plädoyer für Liebe und Friedfertigkeit und der Sieg über Hass und die rasende Wut.
Kommentar
[CAST] Wirft man einen Blick auf die Besetzung von „Tsotsi“ stellt man schnell fest, dass die die meisten Schauspieler nicht nur mir unbekannt sind, sondern selbst in ihrer Heimat bisher noch in keinen oder nur wenigen Filmen mitgewirkt haben. Dieser Umstand schadet dem Film allerdings nicht. Angefangen beim Hauptdarsteller Presley Chweneyagae und über die gesamte Besetzungsliste hinweg schafft es dieser Film zu überzeugen. Zwar merkt man den Schauspielern trotz ihres guten Spiel an, das die meisten nur wenig Filmerfahrung haben, doch meiner Meinung nach gewinnt der Film hierdurch eine Menge Glaubwürdigkeit. [MEINE MEINUNG] „Tsotsi“ war für mich eine wirklich positive Überraschung in der Sneakpreview. Den Film hätte ich mir nach seinem offiziellen Filmstart am 04.05.2006 höchstwahrscheinlich eh mit meiner Freundin ansehen müssen und meine Erwartungen an den Film waren trotz des Oscars nicht sonderlich hoch und so freut es mich umso mehr, dass mich „Tsotsi“ überzeugen konnte. Von Beginn fiebert man mit Tsotsi mit und hofft ungemein, dass er den Wandel von Kriminellen zum Gutmenschen schafft und teilweise war ich ein wenig schockiert darüber wie Tsotsi mit dem gestohlenen Baby umgeht. So füttert er zum Beispiel das Baby mit einem süßlichen Dosenbrei und legt den kleinen dann völlig verschmiert unter das Bett, verlässt das Haus und lässt das Baby zurück. Als er abends nach Hause kommt schreit das Baby natürlich wie am Spieß, der Grund ist nicht der Hunger den das Baby quält, sondern Ameisen, die es sich den Tag über auf dem eingesauten Baby bequem gemacht haben. Eine andere Szene die mich stark beeindruckt hat ist die in der Tsotsi die allein erziehende Mutter dazu zwingt das Baby zu stillen. Nicht nur der Umstand, dass Tsotsi dies mit vorgehaltener Waffe macht, hat mich in dieser Szene beeindruckt, sondern auch der Umstand, dass diese Szene in meinen Augen den Wendepunkt in Tsotsis Umgang mit dem Rest der Welt darstellt. Auch das Finale des Films ist packend inszeniert. Bis zum Schluss fiebert man als Zuschauer hier mit ob und wie Tsotsi aus seiner schier ausweglosen Situation herauskommt und nicht nur ich war üben den Ausgang des Films ein wenig Überrascht. Abschließend bleibt festzuhalten, dass „Tsotsi“ in meinen Augen den Oscar zu Recht gewonnen hat, denn dieser Südafrikanische Film ist wirklich Sehenswert. [Sneakfilm.de]
Überall hörte man dass **_Gavin Hoods_** Gangsterdrama _Tsotsi_ der neue _City of God_ sein soll. Zwar finden sich durchaus Paralellen, wie zum Beispiel die Ausgangslage der beiden Werke: _City of God_ spielt in den Armenvierteln von Rio de Janeiro und _Tsotsi_ in den Townships von Johannesburg. Der gravierende Unterschied ist jedoch dass _City of God_ eine viel detailierter Gesellschaftsskizze abgiebt und sich _Tsotsi_ nur auf seine Hauptperson konzentriert. Deshalb erreicht das afrikanische Pendant auch in keiner Sekunde die epische Tragweite die _City of God_ ausmachte und dessen Fußstapfen erweisen sich als deutlich zu groß. Der Kleinkrimminelle Tsotsi (**Presley Chweneyagae**) hatte bereits als Kind kein schönes Leben. Sein alkoholabhängiger Vater hat ihn verprügelt und seine Mutter ist an AIDS gestorben. Als der Vater eines Tages den Hund von Tsotsi tötet läuft dieser davon und beschließt sein eigenes Leben zu führen. Er gründet mit seinen Freunden Boston (**Mothusi Magano**), Butcher (**Zenzo Ngqobe**) und Aap (**Kenneth Nkosi**) eine Bande und sie halten sich mit kleinen Überfällen über Wasser. Nach einem Streit schlägt Tsotsi Boston nieder und startet alleine einen Raubzug. Er begiebt sich ins Villenviertel der Stadt und stielt einer reichen Frau ihr Auto. Als diese sich wehrt wird sie von Tsotsi angeschossen. Doch sie hat nicht für ihr Auto ihr Leben riskiert: Im Auto ist ihr Baby und Tsotsi hat keine Ahnung was er nun machen soll. Vorerst beschließt er das Kind mit nach Hause zu nehmen und sich darum zu kümmern... _Tsotsi_ bedeutet nichts anderes als Gangster. Und genau so wird uns die Hauptfigur auch präsentiert. Er ist ein Mensch den man zu Beginn nicht sympathisch finden kann, der aber im Laufe des Films durch das Kind lernt was es heisst Verantwortung zu übernehmen. So entwickelt sich aus dem Anfangs unsympathischen und unberechenbaren Menschen eine bessere Person. Der Charakter von Tsotsi ist ein wesentlicher Aspekt des Films, da im Gegensatz zu _City of God_ nicht auf ein weitspannendes Sozialnetz wertgelegt wird, welches eine genaue Betrachtung der sozialen Dimenson einer Bevölkerungsgruppe ermöglicht, sondern der Schwerpunkt eindeutig auf der Charakterentwicklung des Hauptdarstellers liegt. Dafür fällt aber leider die großräumige Betrachtung der Personen und die Sozialkritische Betrachtung des Viertels etwas unter den Tisch. Zwar wird man durch den engen Kontakt mit der Hauptfigur in das Leben der Armut eingeführt und lernt es auch etwas näher kennen, jedoch fehlt die Tragweite, die den Zuseher dass vollkommene Ausmaß der Armutsproblematik nahe bringen würde. Als Gegenzug wird uns allerdings ein wundervoll und unkonventionell gezeichnetes Charakterportrait serviert, dass in der Figur des Tsotsis ihren logischen Höhepunkt findet. Alle anderen Figuren wirken nur ergänzend als Einflüsse auf den Charakter den es zu beobachten gilt. Diese Figur ist absolut unberechenbar und somit ergibt sich für den Zuseher ein ungewöhnlicher Spannungsbogen, der immer wieder wie aus dem Nichts gespannt wird. Man weiß nie was dieser Mensch als nächstes tut, und als er zum Beispiel einen Obdachlosen Querschnittsgelähmten verfolgt weiß man nicht ob er ihm helfen oder ihn töten will. Zutrauen würde man ihm beides. Schwachpunkte des Films sind klar die Teilweise etwas ausgedehnten Szenen zwischen Tsotsi und dem Baby und der etwas unpassende und mit Pathos überzeichnete Schluß. Ausserdem ist die starke Konzentration auf die Hauptfigur ein zweischneidiges Schwert: Auf der einen Seite bewirkt dies eine starke Identifikation mit dem "Helden" der Geschichte und gewährt einen glaubhaften Einblick in die Welt der Townships, jedoch wird auf diese Weise die Armut in diesem Viertel und die Verzweiflung nicht deutlich genug übermittelt. Johannesburg gilt als die gefährlichste Stadt der Welt und die unglaubliche Anzahl an Morde die nur wegen marginalen Geldbeträgen geschehen schockieren. Die jenigen die es sich leisten können leben im Villenviertel hinter meterhohen Zäunen und sind dennoch nicht vollkommen von der Gewaltbereitschaft dieses dampfenden Hexenkessels geschützt wie uns Tsotsi eindeutig nahelegt. Die moralische Skrupellosigkeit der Hauptfigur wird uns nicht etwa pathetisch aufgezwungen, sondern ergibt sich aus dem konsequenten Überlebensdrang, den man Tsotsi selbstverständlich nicht übelnehmen kann, aber gut heissen kann man es eben auch nicht. Übermittelt wird der Film in wunderschönen Bildern, die beinahe mit der rauhen Wirklichkeit des Films kollidieren und somit keinenfalls beschönigen, sondern eher den Eindruck von Hoffnungslosigkeit verstärkt. Unterlegt wird der ganze Film von einem wunderschönen Soundtrack, der das Ambiente der Townships wunderbar wiedergibt und auch die Originalsprache des Films entspricht dem Slang der in dieser Gegend gesprochen wird. Ein Blick auf die Originalversion mit Untertiteln ist sicher einen Blick wert. Alles in allem ist Tsotsi ein hervorragender Film, der zwar deutlich im Schatten von City of God steht, und dessen Brillanz auch niemals erreicht, aber dennoch ein absolut empfehlenswerter Film bleibt, der den Zuseher zum Nachdenken inspiriert und ihn auch vielleicht anregt sich etwas intensiver mit der Armutsproblematik auseinanderzusetzen. So gesehen hat er sein Ziel wahrscheinlich sogar sehr gut erreicht. Fazit: Ein wunderbares Charakterdrama, das zum Denken anregt, aber in letzter Instanz leider nicht die schonungslose Härte eines City of God erreicht. Dennoch sehr sehenswert!